CLIFFORD JACKMAN – Winter Family
- Der Krieg spuckt seinen Abschaum aus -
Wir schreiben das Jahr 1864. Mitten im amerikanischen Bürgerkrieg gilt das Recht des Stärkeren. Eine kleine Gruppe von Konföderierten kämpft gegen Soldaten der Union, die wiederum die Wut der Sklaven für ihre Zwecke nutzen und selbige gegen die Konföderierten aufhetzen. In diesen grausamen Krieg wird nicht immer mit fairen Mitteln gekämpft. Eine kleine Gruppe Deserteure spaltet sich ab und klinkt sich aus einem Leben der Gesetzestreue und Vorschriften aus. Mit einem gewissen Faustrecht ausgerüstet, machen sich diese, gewissermaßen vogelfreien Soldaten, Outlaws und Geächtete daran, das ohnehin schon ausgeblutete Amerika weiter zu tyrannisieren. Die Männer nennen sich „Die Winter Family“. Diese Bande der schlimmsten und grausamsten Räuber wird nach dem Sezessionskrieg von Politikern für deren Zwecke eingesetzt. Sie sollen den Wahlkampf von Quentin Ross‘ reichen Bruder Noah unterstützen und bekommen im Gegenzug Straffreiheit für ihre zahlreichen Verbrechen von ihm in Aussicht gestellt. Doch „Die Winter Family“ kocht ihr ganz eigenes Süppchen. Grobschlächtige, gewissenlose Männer schlachten, morden, überfallen, rauben, brandschatzen und vergewaltigen. Ihr Anführer ist Augustus Winter, eigentlich ein bleicher, eher unscheinbarer Mann mit einem irren und erbarmungslosen Blick, der keinerlei Skrupel kennt. Ein Killer und Sadist, der das gesamte Storyboard über zu einer mörderischen und blutrünstigen Ikone heraufstilisiert wird. Wieder andere schließen sich dem frisch gegründeten Ku-Klux-Klan an und terrorisieren künftig den schwarzen Teil der Bevölkerung, sowie deren Unterstützer, Politiker und Personen in hohen Ämtern. Sie alle bekämpfen einander, arbeiten mit Repressalien, erpressen Wählerstimmen und schrecken letzten Endes weder vor Gewalt, noch Mord zurück. „Die Winter Family“ hockt, nachdem sie die Gräuel des Konföderierten Krieges hinter sich gelassen hat, bei Noah Ross, dem reichen kommunalen Politiker, der mit ihrer Hilfe seine Wahlen gewinnen will. Sie alle hoffen auf Beendigung. Alle außer Augustus Winter, für den es keine Begnadigung geben wird. Die Zeigefinger krümmen sich erstaunlich leicht, wenn man seine Ziele kompromisslos durchzusetzen versucht.
Leider ist der, hierzulande im Jahre 2016 erschienene Debütroman, des selbständigen Anwalts Clifford Jackman, der heute mit Frau und Sohn im kanadischen Guelph lebt, sehr verwirrend und unaufgeräumt geartet. Der apokalyptische Western ist wirr, Lokalkolorit Fehlanzeige, ein vernünftiger Aufbau der Charaktere findet kaum statt. Der Leser kann sich daher schlecht mit den einzelnen Protagonisten identifizieren, noch Empathien oder Antipathien entwickeln. Und es kommt Seite für Seite immer mehr Personal hinzu, was die Sachlage alles andere als zu entschärfen vermag. Vieles wird vage gehalten oder nur angedeutet. Einen richtigen Zusammenhang kann man bis zum Schluss kaum ausmachen. Der, 1980 in Deep River, Ontario geborene Clifford Jackman springt von einem Geschehnis zum Nächsten, scheinbar ohne Rücksicht auf Personen, Handlungsorte oder Zusammenhänge. Der Plot wird zunehmend anstrengend und es passiert zu wenig Spannendes. Die Charaktere sind blass und farblos gezeichnet. Zu Anfang fällt es gar schwer sie auseinander zu halten. Die Erzählweise ist langweilig, das Storyboard ebenfalls und Action ist so gut wie nicht präsent. Humor wurde in die trockene, zähe und zusammenhangslose Geschichte ebenso wenig eingestreut, wie blutrünstige Szenen. Spannung und Action flammen lediglich zum Schluss kurz auf. Der gesamte, 571-seitige Plot ist zäh wie erkaltende Lava.
Meine Wertung: 61/100
Link zur Buchseite des Verlags: https://www.randomhouse.de/Paperback/Winter-Family/Clifford-Jackman/Heyne-Hardcore/e483029.rhd
DEUTSCHE ERSTAUSGABE
Aus dem Amerikanischen von Robert Brack
Originaltitel: The Winter Family
Originalverlag: Knopf Doubleday
Paperback, Klappenbroschur, 512 Seiten, 13,5 x 20,6 cm
ISBN: 978-3-453-67692-3
€ 14,99 [D] | € 15,50 [A] | CHF 20,50* (* empfohlener Verkaufspreis)
Verlag: Heyne Hardcore
Erschienen: 11.01.2016