MESHUGGAH - The Violent Sleep Of Reason

Nuclear Blast


MESHUGGAH, was aus dem hebräischen/jiddischen stammt, bedeutet so viel wie „verrückt“, bzw. eingedeutscht „meschugge“ und ist eine Trademark für experimentellen und extremen Tech Metal in verschachtelter Perfektion. Das schwedische Quintett ist eine wahre Institution auf diesem Gebiet und die Inkarnation des Cyber- und Future-Thrashs. Ein Garant für entrückte, durchgeknallte, bis zum Ende durchdachte und alles andere als gewöhnliche Melodieführungen. Auch mit Rundeisen Nummer Acht hat ihre Majestät MESHUGGAH in zehn Tracks und 58:55 Minuten nahezu komplett auf Eingängigkeit verzichtet. Die, aus Stockholm stammende Djent Armada, die seit 1987 nahezu keinen Millimeter von ihrem ureigenen Stil abweicht, schreibt keine direkt zündenden Alben. Vielmehr sind es anstrengende, aufwühlende, emotionsgeladene Alben, in einer nie dagewesenen Komplexität und dissonanten Dichte, dass man die Schweden durchaus als eine Art einzigartiges Phänomen betrachten und ihnen von Haus aus ein ultimatives Alleinstellungsmerkmal attestieren kann. Lediglich Devin Townsend und seine ehemalige Band STRAPPING YOUNG LAD hatten die nötigen Skills, die dieser verschrobene Stil seinen Musikern abverlangt, wobei Devin Townsend weitergehende, umfassendere und noch verrücktere Ideen in seine Songs einfließen ließ, was den Vergleich somit ein wenig hinken lässt. MESHUGGAH treten jedenfalls schwer was los mit ihrem monströsen, treibenden, geradezu extrovertierten und außerordentlich rhythmusorientierten Weirdo Thrash. Kann man diese Art der Musik denn eigentlich über all die Jahre noch vernünftig weiterentwickeln oder läuft man Gefahr, dass es ab einem gewissen Punkt einfach nicht mehr weitergeht und zu konfus wird?


The Violent Sleep Of Reason“ beweist dahingehend schon mal das Gegenteil, denn es ist die logische, wenn auch nur marginale Weiterentwicklung zum Vorgänger „Koloss“, nach dessen Veröffentlichung sich die Fans immerhin viereinhalb Jahre auf einen vollwertigen Nachfolger gedulden mussten. Sämtliche Konventionen, wie zum Beispiel der 4/4 Takt werden über Bord geworfen. Vielmehr kommen Cross-Rhythmus und Polyrhythmik zum Tragen, die die Eckpfeiler im schwedischen Extrem Tech-Metal darstellen. Die Musikstücke sind bis oben hin zu mit Dissonanzen, was sich nicht erst mit dem zweiten Track „Born in Dissonance” offenbart, denn schon die ersten Klänge des Openers „Clockworks“ sind ein vehementes drum- und gitarrentechnisches Zerwürfnis. Fredrik Thordendal und Mårten Hagström nutzen beide (anfangs) selbstgebaute, achtsaitige Gitarren, dazu gesellen sich Felldrescher Tomas Haakes punktgenaue, alles in Grund und Boden stampfende Drumgewitter in tödlich präziser, atypischer Arrhythmie. So vervielfacht diese Art der Kakophonie den „Zerwürfnis Effekt“ exponentiell und es entbricht ein Soundwust in technisch ausgereifter Virtuosität. Es ist aber nicht so, dass man keine klare Melodieführung mehr erkennen würde, ganz im Gegenteil, denn die schwedischen Brutal Tech Metal Weirdos kriegen auf ihrem völlig enthemmten, arrhythmischen Langeisen jederzeit die Kurve hin zum geordneten Chaos, denn sie wissen genau was sie tun. Front-Kampfsau Jens Kidman, der mich teilweise an Tomas „Tompa“ Lindberg (AT THE GATES, THE GREAT DECEIVER, LOCK UP, NIGHTRAGE etc.) erinnert, röhrt sich mit seinen bösen Vokills unentwegt die Stimmbänder blutig. Die raumfüllenden, zermürbenden und exzessiven Songstrukturen, die stets von kranker Disharmonie gequält werden, vereinigen deftige Beats und schwere, fette, heruntergetunte, fast durchgängig harte Djent und Stakkato Gitarrenanschläge, zu einer verstörenden Symbiose aus langjähriger Erfahrung und technischer Finesse.

Kompromisse geht man allerdings keine ein, was in gewisser Weise eigentlich schade ist, würde es den MESHUGGAH Sound doch breiter aufstellen und nicht so eintönig rüberkommen lassen. Zyklische Wiederholungen kurzer Passagen oder auch ganzer Sequenzen, verlangen der potentiellen Hörerschaft so einiges ab und machen selbige ganz schön mürbe. „The Violent Sleep Of Reason“ ist extreme Mucke, für die man verdammt viel Konzentration aufbringen muss. Leider werden die Schemata zwischen den Songs kaum geändert. Dadurch verändern sich die Soundlandschaften während des fast einstündigen Trips nur marginal.

Wem das dargebotene Material zu engstirnig ist, sollte sich durchaus mal mit SINSAENUM und ihren kürzlich erschienenen Debüt Album "Army Of Chaos" anfreunden, denn die haben eindeutig mehr aus einem ganz ähnlichen Thema gemacht und gehen dabei noch ne gute Schippe drastischer zur Sache. MESHUGGAH 8.0 wurde sein klinischer, glasklarer, darüber hinaus aber auch vollkommen hemmungsloser Sound vom geradewegs dazu prädestinierten Produzenten Tue Madsen in den PUK Studios in Kaerby/Dänemark eingehaucht. Der Albumtitel wurde von dem Francisco de Goya Gemälde “Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer” inspiriert. “The Violent Sleep Of Reason“ is created to blow up your mind!!!

 

www.meshuggah.net

 

LACK OF LIES - Wertung: 84/100

 

MESHUGGAH in der aktuellen Besetzung:

Jens Kidman - Vocals

Fredrik Thordendal - Guitars, Vocals (backing)

Tomas Haake - Drums, Vocals (additional)

Mårten Hagström - Guitars, Vocals (backing)

Dick Lövgren - Bass




 

 

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