MEMORIAM - Interview zum Zweitschlag der britischen Old School Deather vom 13.03.2018 mit Drummer Andy Whale

 

- von einem starken, epischen Riff, das in ein stürmisches Mid-Tempo-Head-Bang-Riff kracht, davon seine Frustrationen zu kanalisieren und dem wahrscheinlich letzten MEMORIAM-Album -

 

Auf den Tag genau 365 Tage zogen zwischen dem MEMORIAM Debütalbum "For The Fallen" und dem Nachfolgewerk "The Silent Vigil" (Die stille Totenwache) ins Land. Vielleicht wäre es vermessen beide Alben bereits jetzt schon zu den Klassikern der Death Metal Geschichte zu zählen, vielleicht ist es aber auch lediglich der gerechtfertigte Anspruch, den beide Todeswalzen auf diese Plätze erheben. Mit einer derartigen Coolness, dem passenden Know-how und einer perfekten Mischung aus "harshness and melodic the old school way" haben die Briten um Fronter Karl Willetts (BOLT THROWER), den ehemaligen Felldrescher Andrew "Andy" Whale (1986 - 1994 bei BOLT THROWER), Gitarrist Scott Fairfax (CEREBRAL FIX, BENEDICTION (live)), sowie Tieftöner Frank Healy (SACRILEGE, ex-BENEDICTION, ex-NAPALM DEATH, ex-ANAAL NATHRAKH) innerhalb nur einen Jahres zwei Ausnahme-Langeisen par Excellence rausgehauen. Grund genug, dem britischen Death Metal Foursome ein mal genauer auf den Zahn zu fühlen und sich auf den neuesten Stand im MEMORIAM Lager rund um das neue Album zu bringen. Wie der Blitz beantwortete Andy Whale keine fünf Stunden später meine Fragen via E-Mail. Lest nun, was mir der MEMORIAM Schlagwerker so alles zu berichten hatte...

Streetdate: 23.03.2018 / Nuclear Blast
Streetdate: 23.03.2018 / Nuclear Blast

LACK OF LIES: Hey Andy, erst einmal Glückwunsch zu eurem neuen Output "The Silent Vigil". In meinen Ohren ist es ein richtig cooles und herausragendes Album...eine Art Geschenk...Hellyeah...und es ist bereits jetzt schon ein Alltime-Fave unter meinen Death Metal Alben. Hier mal zwei Beispiele aus meiner Rezension: „An solch großen Alben merkt man immer wieder, dass man gerade als Rezensent, in der Hauptsache lediglich durchschnittlichen Death Metal „vorgesetzt“ bekommt.“ Und „Die Seele der Spielweise erzeugt eine ganz besondere, machtversessene Aura und ein massiges Flair, das nur äußerst wenigen Alben innewohnt.“ Wie denkst du persönlich über diese Aspekte?

 

Andy: Cool, dass dir das Album gefällt. Wir versuchen immer Songs mit guten eingängigen Riffs zu kreieren, die den Hörer sogleich in ihren Bann ziehen. Wir wollen auch die verschiedenen Tempi vermischen, so hält man die Leute bei der Stange. Es gibt nichts Besseres, als ein starkes, episches Riff, das in ein stürmisches Mid-Tempo-Head-Bang-Riff kracht.

 

LOL: Erzähl mir von der Entstehung zu "The Silent Vigil" und woran du dich in dieser Schaffensphase am liebsten erinnerst.

 

Andy: Wir haben immer Spaß, wenn wir die Alben aufnehmen. Aber um ehrlich zu sein, nehmen wir die Alben getrennt auf. Ich nehme das Schlagzeug am liebsten mit dem Toningenieur/Produzenten, einer Gitarren-Spur und einer Click-Spur auf. Es brauchen nicht alle gleichzeitig da zu sein. Wir kommen dann alle zusammen und schauen, wie sich die Dinge entwickelt haben.

 

LOL: Wie bereitet ihr euch auf eine Produktion vor und wie muss ich mir eure Herangehensweise an neues Material vorstellen?

 

Andy: Scott hat eine Menge Ideen, er formt sie zu ersten Grundgedanken für einen Song. Karl kommt dann mit einer Idee für den Text. Frank und ich erarbeiten dann die Bass- und Schlagzeugstrukturen. Anschließend geht es an die Vorschläge bezüglich eventueller Veränderungen in den Songstrukturen und Karl vollendet hiernach den Text. Dann geht's an den nächsten Track. Einfach, aber so funktioniert's bei uns.

 

Photo Credit: Anne Swallow
Photo Credit: Anne Swallow

LOL: Es dauerte nur ein Jahr (um genau zu sein 365 Tage), um sich den Follower für "For The Fallen" aus dem Ärmel zu schütteln. Warum habt ihr so schnell nachgelegt? Hat das spezielle Hintergründe oder wart ihr dermaßen kreativ? Ich habe gelesen, dass ihr nur drei Stunden pro Woche probt. Und dann legt ihr mit "The Silent Vigil" ein so geiles 10-Track Full-Length Opus mit fast einer Stunde Spielzeit nach...!!!

 

Andy: Die einfache Antwort ist, dass wir eine begrenzte Zeit haben, um mit MEMORIAM zu machen, was wir wollen. Abgesehen von Scott sind wir alle in unseren 50ern, also realistisch gesehen ist die Zeit begrenzt. Wir proben zwar nur 3 Stunden pro Woche, aber wir arbeiten an den Tracks auch über Dropbox, so dass wir von zuhause aus arbeiten können. Wir sind gerade dabei, Ideen für ein neues MEMORIAM-Album zusammenzutragen. Es ist wahrscheinlich das letzte, das wir veröffentlichen. Wir werden sehen.

 

LOL: Erzähl mir über die ersten Reaktionen bezüglich "The Silent Vigil". Wie sah denn das bisherige Feedback aus?

 

Andy: Es scheint jedem zu gefallen. Wir werden die Reaktion sehen, sobald es draußen ist. Wenn's die Leute mögen, ist das super. Wenn sie es nicht mögen, wovon ich bei vielen Leuten ausgehe, ist das auch in Ordnung. Wir machen Musik, die uns gefällt und nicht das was wir glauben, dass es die Leute kaufen wollen.

 

LOL: Hattest du zu irgendeinem Zeitpunkt bedenken, dass es weniger gut ankommen könnte, als euer hoch gefeiertes Debüt?

 

Andy: Nein, wie ich bereits sagte, es ist schön wenn den Leuten unser Album gefällt und sie uns supporten. Aber um ehrlich zu sein, wir machen unser eigenes Ding. Wenn jemand MEMORIAM nicht mag, ist das kein Problem für uns.

 

Photo Credit: Anne Swallow
Photo Credit: Anne Swallow

LOL: Wie sehr bist du in den Songwritingprozess und das kreieren der Texte involviert?

 

Andy: Karl macht einen guten Job und ich bin froh, das ihm überlassen zu können. Ich will nur auf dem Schlagzeug rumhämmern.

 

LOL: Die Texte sind recht tiefgründig und sollen den Zuhörer unter anderem dazu animieren über seine Stellung im Leben nachzudenken. In gewisser Weise auch wie man sich verhalten soll und welche Konsequenzen dieses Verhalten haben kann. Wie wichtig ist es für euch als Band die lethargischen Leute durch- und wachzurütteln?

 

Andy: Karl hat eine Menge Ideen für das Album aus seinem eigenen Leben gezogen. Das hat ihm geholfen, seine Frustrationen zu kanalisieren, in etwas, auf das die Leute zurückgreifen und das sie verstehen können. Er wollte auch Themen wie Intoleranz und soziale Probleme in der heutigen Welt behandeln. Richtig oder falsch! Sich mit diesen Problemen auseinanderzusetzen ist besser, als sich über diese Dinge aufzuregen und gleich auszurasten...

 

LOL: Welcher Song ist für dich der herausstechendste auf "The Silent Vigil" und warum?

 

Andy: Mein liebster Song ist "No Known Grave". Dieser Song bezieht sich auf die Massenschlachtung auf den Feldern um Ieper (Belgien). Im ersten Weltkrieg. Ich denke, das ist ein großartiger Song. 

 

Photo Credit: Anne Swallow
Photo Credit: Anne Swallow

LOL: Ich hatte bislang keine Gelegenheit in den Digi Bonus "Dronestrike V3" reinzuhören. Was kannst du mir über diesen Track sagen? Ist er eine Art dritte Version des Tracks "Drone Strike", der sich ebenfalls auf "The Hellfire Demos II" befindet oder hat er gar etwas mit der V3 Rakete zu tun?

 

Andy: Es ist einfach die dritte und die endgültige Version des Songs. Wir wollten, dass er sich genau so anhört wie jetzt, als wir ihn damals zum ersten Mal aufgenommen haben. "Dronestrike" ist ein großartiger Song, und wir hatten das Bedürfnis, das alles richtig zu stellen, ihm quasi gerecht zu werden.

 

LOL: Wo siehst du die Hauptunterschiede zwischen "For The Fallen" und "The Silent Vigil"?

 

Andy: "The Silent Vigil" hat die Produktion und den Sound, den wir für das erste Album wollten. "For The Fallen", obwohl es ein tolles Album darstellt, ist für mich etwas überproduziert. Ich sage nicht "The Silent Vigil" ist das bessere Album, aber es besitzt eben eher unseren Sound.

 

LOL: Von 1986-1994 warst du bei BOLT THROWER. Wikipedia sagt, dass du sie 1994 verlassen hast, weil du das alles allmählich satt hattest und dich nicht mehr weiterentwickeln konntest. In einem Interview habe ich gelesen, dass ihr keine Band mehr wart, sondern nur noch fünf Leute, die lediglich zusammen in einer Band gespielt haben. Auch die Ideen und die Richtung die du einschlagen wolltest, unterschieden sich in gewisser Weise von dem was die Band wollte. Was entspricht der Wahrheit und wie siehst du diese Aussagen heute, mit nahezu einem Vierteljahrhundert Abstand?

 

Andy: Die einfache Wahrheit ist, dass sich jeder auf die Band konzentrieren muss (und das gilt für jeden, in jeder Band)! Wenn du das nicht kannst, so wie ich es damals nicht mehr konnte, ist es das Beste du gehst deinen eigenen Weg. BOLT THROWER und ich gingen unserer Wege und das war auch besser so.

 

Photo Credit: Anne Swallow
Photo Credit: Anne Swallow

LOL: Was hast du in der Zwischenzeit gemacht? Ich habe gelesen, dass du als Servicetechniker gearbeitet hast. Hast du in der Zwischenzeit auch mal in anderen Bands gespielt? Hast du geübt? Ist es wirklich 22 Jahre her, dass du das letzte mal in einer Band gespielt hast??? Über diese Zeit lässt sich das Internet nicht wirklich aus...

 

Andy: 1996 verabschiedete ich mich endgültig von der Musik. Ich hatte einen Job und hatte eine Familie. Und ich habe 2014 das erste mal wieder einen Drumstick angefasst...eine wirklich alte Geschichte!

 

LOL: War es nach dieser langen Zeit leicht für dich, wieder auf dem Schlagzeugstuhl Platz zu nehmen und durch Übung wieder neue Fähigkeiten zu erlangen?

 

Andy: Es gibt einen großen Unterschied zwischen mir in den frühen Tagen und jetzt. Abgesehen von Proben/Shows habe ich in den 80er/90er Jahren nie geübt, ich war faul...! Heute hingegen übe ich 4/5 Tage pro Woche, spiele gerne und lerne neue Techniken, es macht wieder Spaß!

 

LOL: Im Endeffekt arbeiten Karl und du nach so vielen Jahren wieder zusammen. Wie ist Karl mit der Idee an dich herangetreten, eine neue Band mit dir als Drummer gründen zu wollen? Hatte er keine Angst, dass du gar nicht mehr in einer Band spielen willst? Wenn ich dich als früheren Bandkollegen gefragt hätte, denke ich, dass ich die Frage nach dieser langen Zeit nicht wirklich ernst gemeint hätte.

 

Andy: Karl und ich sind über die Jahre immer in Kontakt geblieben. Und als Martin („Kiddie“ Kirns - Drums/BOLT THROWER) 2015 verstarb und BOLT THROWER eine Pause machte, war ich der Auffassung, Karl brauche etwas, um seine Trauer zu kanalisieren. So kam die Idee dazu auf. Genauso verhielt es sich bei Frank. Beide hatten immer mal wieder bei dem einen oder anderen Bier die Idee weitergesponnen, gemeinsam eine Band aufzuziehen. Für mich war es in gewisser Weise immer ein Experiment, um zu sehen, ob ich auf einem Niveau spielen kann, das für die Band nötigt ist. Aber es geht darum, an Menschen zu glauben! Wir machen unsere Sache nicht allzu schlecht!

 

Photo Credit: Anne Swallow
Photo Credit: Anne Swallow

LOL: Für euch sollte MEMORIAM Spaß und etwas Abstand von den ernsten Dingen des Lebens bringen. Aber ist es nicht eine Menge Arbeit, jetzt, wo ihr so etwas wie Death Metal Superstars seid ;-)? Viele Konzerte, Festivals, Promotion, Interviews etc. Ist die Band immer noch so leicht mit eurer Privatsphäre in Einklang zu bringen?

 

Andy: Death Metal Superstars....! Machst du Witze....! Ich versuche, die Dinge nicht zu ernst zu nehmen. In gewisser Weise bin ich ein sehr auf seine Privatsphäre bedachter Mensch (ein stolzer Familienmensch!), dem es einfach so ergangen ist, dass er hinter einem Drum-Kit sitzt und viel Lärm macht! Es macht viel Spaß, um die Welt zu touren und mit alten Freunden abzuhängen. Wir tendieren dazu, unseren Bandkalender Anfang des Jahres mit Familienangelegenheiten zu füllen und erst danach die Lücken mit Bandterminen zu schließen. Wenn uns ein großes Festival eine Show offeriert und einer von uns beschäftigt ist, spielen wir das Festival nicht. Ganz einfach! Was ich in meiner üblichen, etwas umständlichen Art sagen will, ist: Es ist nicht unsere Karriere, es ist etwas, was wir gerne machen!

 

LOL: Welche Dinge werden nie auf einem MEMORIAM-Album zu finden sein ;-)?

 

Andy:  Wer weiß.....! Wenn es funktioniert, werden wir es versuchen....!

 

LOL: Wird es unter dem Banner BOLT THROWER jemals wieder neues Material geben oder ist das absolut ausgeschlossen?

 

Andy: Ich habe die Band 1994 verlassen. Bandangelegenheiten haben nichts mit mir zu tun!

 

LOL: Welchen Ratschlag würdest du einer jungen Death Metal Band geben, wenn es um die Frage geht, wie man so großartige Songs mit eurer Authentizität, Tiefe, Eingängigkeit, Geist und Kraft schreiben kann?

 

Andy: Ich würde zu jedem sagen: Mach es einfach und genieße es. Wenn es nicht funktioniert, was hast du zu verlieren...

 

LOL: Was plant ihr für die nahe und ferne Zukunft?

 

Andy: Tatsächlich noch mehr Shows. Und hoffentlich noch ein Album! Lass uns sehen, was passiert! Danke für die Unterstützung..!

 

LOL: Vielen, vielen Dank Andy, dass du dir Zeit genommen hast meine Fragen zu beantworten!!! Habt weiterhin viel Spaß Jungs...viel Glück...und bleibt immer hungrig auf Death Metal !!!

 

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As Bridges Burn:

 

Bleed The Same (Official Lyricvideo): 

 

Nothing Remains:









 

 

- Wir bitten von der Übersendung nicht angeforderter Rezensionsexemplare in physischer Form abzusehen, da Wir diese in der Regel nicht bearbeiten Können -