FAR BEYOND Interview mit Multiinstrumentalist, Produzent und einzigem Bandmitglied Eugen Dodenhoeft vom 04.09.2016

 

      - von der Freiheit Einzelkämpfer zu sein, dem Ruf der Couch, kreativen Schaffensphasen und dem gedanklichen Verschwinden aus dieser Welt -

 

In unsere schnelllebige, nur allzu hektische Welt, hat das Ein-Mann-Projekt FAR BEAYOND den filigran ausgearbeiteten Zeitenentschleuniger „A Frozen Flame Of Ice“ hineingeboren. Die, oftmals harschen, episch gezeichneten, musikalisch komplexen Hemisphären des Ausnahmemusikers Eugen Dodenhoeft laden zu einer emotionalen und runderneuernden Frischzellenkur ein. Das Dark/Death Metal Gesamtkunstwerk aus frischen Ideen, filigraner Technik, teils verzweifelter, teils heroischer, durchaus Hoffnung spendender Atmosphäre, bietet kontrastreiche Tempi, eine enorm druckvolle Härte und versprüht diese ganz besondere, fast schon einmalige Energie. „A Frozen Flame Of Ice“ wirkt wie ein Konzeptalbum und ist vielleicht auch als solches gedacht. Den räumlichen Klang, den das oberfränkische Multitalent Dodenhoeft, seinem mittlerweile zweiten full-length Album einhauchte, könnte passender kaum gewählt sein. Eugen, der FAR BEYOND bereits im Jahre 2001 zum Leben erweckte, ist nebenbei noch bei der deutsch/neuseeländischen Extreme Melodic Death Metal Band EUPHOREON, gemeinsam mit Matt Summerville tätig. Momentan ist man hier noch mit den Aufnahmen der neuen Tracks zu ihrem zweiten Langeisen beschäftigt. Grund genug, dass sich das Totentanz Magazin mal bei Eugen Dodenhoeft meldet, um sich bezüglich FAR BEYOND, wie auch EUPHOREON das neueste Update draufzupacken.

 

Wer noch nicht mit FAR BEYONDs Schaffenswelt vertraut ist, kann hier vorab schon mal reinhören:

https://soundcloud.com/sacreddivinity

Janko: Hey Eugen,

 

erst noch mal herzlichen Glückwunsch zu deinem zweiten Komplett Album „A Frozen Flame Of Ice“. Wie du ja bereits gelesen hast, hat es mir sehr gut gefallen. Du hast da wirklich ein fein herausgearbeitetes Stück Dark/Death Metal geschaffen. Ich kann mir gut vorstellen, dass dieses Album eine Art Durchbruch für dich und FAR BEYOND darstellen könnte, da die Arrangements wirklich allererste Sahne sind und sich hinter Genregrößen keinesfalls verstecken müssen. Ganz im Gegenteil, denn deine Ideen wirken frischer, treten nicht so sehr auf der Stelle und wirken keinesfalls als „einfach mal auf die Schnelle auf Tonspur gebannt“, weil beispielsweise ein Release Datum im Rücken drängt.

 

Wie siehst du diese Aspekte? Gerade auch in Bezug auf einen möglichen Durchbruch für FAR BEYOND, was in der Metalwelt ja alles andere als leicht ist. Du hattest mal gesagt, dass dir daran weniger liegt, sondern dass du eher die Menschen mit der Umsetzung deiner Gefühlswelten berühren möchtest. Aber Durchbruch bedeutet doch gleichzeitig auch noch mehr Menschen erreichen zu können…

 

Eugen: Hi Janko, erstmal herzlichen Dank für die lobenden Worte, das freut mich natürlich riesig zu hören :) Natürlich hoffe ich auch, dass ich mit dem neuen Album eine größere Anzahl von Menschen erreichen kann als bisher. Die Scheibe ist seit ein paar Tagen draußen und die Reviews bzw. das Feedback ist fast durch die Bank hervorragend. Deutlich besser als bei den letzten Scheiben bisher, was mir auch zeigt, dass meine subjektiv empfundene Weiterentwicklung tatsächlich auch von außen so gesehen wird. Ab einem bestimmten Punkt überkamen mich ja doch immer wieder Zweifel, ob das neue Material wirklich passt, oder ob ich hier einfach nur völligen Quatsch abliefere. Aber so geht es wahrscheinlich sehr vielen Künstlern. Nach einiger Zeit fehlt einem der objektive Blick von außen. Ein utopischer Traum wäre es natürlich, irgendwann von der Musik leben zu können, aber da mache ich mir nichts vor: ich trete nicht live auf und nur von CD-Verkäufen kann heutzutage wahrscheinlich kaum noch eine Band existieren. Deswegen zurück zu deiner Frage: ja, eine Art “Durchbruch” wäre natürlich super. Im Endeffekt verfolge ich ja auch ein großes Ziel: möglichst viel Zeit dafür zu haben, noch mehr an neuer Musik zu arbeiten!

Janko: Ist das (oben genannte) der Grund, warum du mit deinem vierten Output „A Frozen Flame Of Ice“ einen verhältnismäßig langen Abstand zum Vorgänger „ Songs Of Hope And Sorrow” hattest? Schließlich sind seitdem ganze fünf Jahre ins Land gegangen. Liegt es auch am finanziellen Aspekt oder hat das damit weniger zu tun?

 

Eugen: Am finanziellen Aspekt lag es nicht, nein, da ich ja einem geregelten Job nachgehe, der mir eine gute finanzielle Basis liefert. Aber hier liegt auch der Hund begraben: ich kann mich natürlich nicht rund um die Uhr mit der Musik beschäftigen und die Energie muss auch irgendwo herkommen. Es fällt natürlich manchmal schwer, dem Ruf der Couch nach Feierabend zu widerstehen und sich stattdessen noch bis in die Nacht an die Musik zu setzen. Aber es spielten noch andere Aspekte eine Rolle: von 2009-2011 arbeitete ich mit Matt Summerville am Debutalbum unseres Projektes “Euphoreon”, so dass ich mit den Arbeiten an “A Frozen Flame Of Ice” erst Mitte 2011 begonnen habe. Außerdem war ich auch für die komplette Produktion verantwortlich inkl. Mix und Mastering. Alleine dafür ging besonders 2015 und Anfang 2016 einiges an Zeit drauf, da ich dieses Mal einen Sound auf hohem Niveau abliefern wollte. So gesehen sind doch 5 Jahre eigentlich gar nicht so viel, oder? Haha :)

Spaß beiseite: rückblickend hätte es schneller gehen können, da ich an manchen Stellen die ein oder andere Schleife zu viel gedreht habe. Ich buche das aber auf’s Konto “Erfahrungen” und bin guter Dinge, dass sich manche Dinge dadurch in Zukunft etwas beschleunigen.

 

Janko: Du hast alles eigenfinanziert. Zieht einem das finanziell nicht die Schuhe aus? Ausgleichen wird sich das bis dato wohl kaum…

 

Eugen: Die Musik ist meine große Leidenschaft, aber natürlich auch finanziell ein großer Posten in meinen Ausgaben. Es gleicht sich nicht aus, nein, aber da ich die Produktion alleine gefahren habe, waren die Kosten auch nicht so gewaltig. Wenn ich mir allerdings vorstelle, dass ich von der Musik leben müsste… nein, keine Chance aktuell. Ohne meinen festen Job müsste ich definitiv unter der Brücke schlafen. Oder nein, eher im Wald - da fühle ich mich wohler :)

Janko: Was kannst du mir ansonsten zur Entstehung des neuen Albums sagen? Du, als Ein-Mann-Klang-Fabrik hast ja alles an dem Album selbst gemacht. Wie  muss man sich deine Herangehensweise an ein neues Album vorstellen. Hast du dieses Mal alles in deinem Home Studio aufnehmen können und welche Prozesse machst du und auch deine Musik in dieser langen Schaffensphase durch?

 

Eugen: Ich habe tatsächlich alles daheim aufgenommen, ja. Heutzutage ist der Begriff “Studio” ja auch ein sehr schwammiger Begriff. Zumindest in meinem Fall habe ich alles daheim, was ich brauche, um ein Album zu realisieren. Ich bin wirklich froh, dass ich zu dieser Zeit leben darf, in der so etwas technisch möglich ist und ich mich ganz auf das konzentrieren kann, was mir am meisten Freude bereitet: das Erschaffen von Musik. Mein Equipment ist im Laufe der letzten Jahre auch nicht gleich geblieben. Gitarren kamen und gingen, neue Software-Instrumente wurden gekauft, hier mal eine neue Drumlibrary, ein anderer Gitarrenverstärker - ja, auch das Basteln am Sound ist eine große Leidenschaft von mir, die auch eine Art Inspiration für neue Ideen ist. Ich habe viel gelernt in den letzten Jahren und wenn man sich mal den Klang der letzten EP im Vergleich zum neuen Album anhört, ist der Unterschied schon recht deutlich, denke ich. Da waren allerdings auch ein paar steile Lernkurven dabei und auch verzweifelte Phasen, in denen ich mich in den dichten Arrangements des Albums klanglich verlaufen hatte und ich Zweifel hatte, dass ich das jemals auf vernünftige Beine stellen kann. Rückblickend waren das alles aber wichtige Erfahrungen, die mir für die nächsten Alben helfen werden, da ich jetzt ein deutlich besseres klangliches Fundament zur Verfügung habe, als noch vor 5 Jahren. Auf diesem Fundament baue ich auch das neue Euphoreon Album und entstehen auch schon die neuen Songs für die nächste Far Beyond Scheibe.

 

Janko: Lediglich bei der Sologitarre, sowie den Background Vocals gab es Fremdeinwirkung. Wer hat dir hier geholfen, welche Parts wurden übernommen und was machen diese Leute sonst noch im musikalischen Bereich? Taugen sie nicht als feste Besetzung? ☺

 

Eugen: Ich fange mal mit den Soli an: letztes Jahr kontaktierte mich meine Mutter mit der Bemerkung, dass da jemand auf Youtube unsere Musik auf Gitarre nachspielt. Es war Tommi Halme aus Finnland, der einen Song von Euphoreon (mein Nebenprojekt) an einem Stück spielte, was mir gut gefallen hat. Ich schrieb ihn an und wir kamen in’s Gespräch. Es stellte sich heraus, dass er auch ein Fan von “Far Beyond” ist und noch viel besser: er deutlich besser Sologitarre spielt als ich. Ich fragte ihn, ob er Lust hätte, ein paar Soli für das neue Album beizusteuern und er sagte sofort zu. Ganz konkret hat er 4 Soli komponiert und eingespielt: 2 im Mittelteil von “Evernight -Part I”, das Solo am Ende von “The Song Remains The Same” und ein Solo im Mittelteil von “Evernight - Part II”. Außerdem hat er einen sweeping Arpeggio-Part in “A Frozen Flame Of Ice” für mich eingespielt, da ich damit etwas überfordert war. Im Endeffekt war er eine riesen Bereicherung für das Projekt. Es wird sicher nicht die letzte Zusammenarbeit von uns gewesen sein.

Zu den Backing Vocals: bei allen Refrains und manchen besonderen Parts sind 3 Backgroundsänger beteiligt. Patrick Stäudle, Ari Ahrendt und meine Wenigkeit. Patrick hatte ich damals nach dem Release meiner “Songs of Hope and Sorrow” EP kennengelernt und wir haben seitdem immer mehr Kontakt im musikalischen und tontechnischen Bereich. Er ist selbst Musiker und angehender Tontechniker und hat mir besonders beim Anhören meiner Mixe geduldig zur Seite gestanden und immer wieder mit Tipps und Ratschlägen geholfen. Ohne ihn würde das Album sicher nicht so gut klingen, deswegen hier nochmals: danke Patrick! Da er Fan meiner Musik ist, war er auch sofort bereit, auch bei den Backing Vocals dabei zu sein. Ari Ahrendt kenne ich noch länger und er hat damals mit einen Grundstein für “Far Beyond” gelegt, da er das erste Album “An Angel’s Reqiem” mischte und auch kreativ mit eigenen Ideen bereicherte. Da er schon auf dem damaligen Album einige Parts mit seinen Vocals bereicherte, war ich froh, dass er auch dieses Mal wieder mit dabei war.

 

Janko: Ich sehe „A Frozen Flame Of Ice“ als Konzeptalbum oder wie ich in meine Einleitung schreiben werde, als Gesamtkunstwerk? Wie siehst du das Album mit ein klein wenig Abstand, nun da es kurz vor dem Release steht?

 

Eugen: “Evernight - Part 1+2”, “A Frozen Flame Of Ice” und “Last Farewell” sind tatsächlich Teil eines Konzeptes, einer Geschichte, die mit dem letzten Song ihr Ende nimmt. Eingefasst wird dieses Konzept auch optisch mit dem Symbol der gefrorenen Flamme. Es handelt sich um eine sehr persönliche Geschichte, die im Laufe der letzten Jahre ein bedeutender Teil meines Lebens war und es fühlt sich gut an, sie musikalisch verarbeitet haben zu können. Ich bin sehr zufrieden damit, wie es sich anhört und wie sich die Emotionen lyrisch und musikalisch manifestierten. Ich sehe die Scheibe als mein bisher reifstes und vollständigstes Projekt und sie wird wohl immer ein wichtiger Teil meines Lebens bleiben, da ihr Inhalt mich lange begleitet hat.

Janko: Arbeitest du am liebsten alleine? Liegt der Vorteil darin begründet, dass man sich in diesem Fall auf niemand anderes verlassen und sich keinen Meinungen anderer beugen oder seine Meinung anderen nicht aufdiktieren muss oder hat das gänzlich andere Hintergründe?

 

Eugen: Perfekt zusammengefasst. Nächste Frage, haha! :)

Natürlich spielt das von dir beschriebene eine große Rolle dabei. Das ganze Leben besteht mehr oder weniger aus Kompromissen, ansonsten wäre menschliches Miteinander nur schwer möglich. “Far Beyond” ist der Teil in meinem Leben, in dem ich (fast) keine Kompromisse eingehen muss. Es ist die reine Manifestation meiner Emotionen und eine (kreative) Beteiligung anderer Menschen würde das Ergebnis nur verfälschen. Ich brauche dieses Projekt als Ventil, eine Verarbeitung meiner Gefühle und Erfahrungen.

 

Janko: Die Stücke sind mit 6:00 bis 11:38 Minuten recht üppig ausgefallen, was dem epischen, atmosphärischen Gedankenspiel allerdings mehr als zupasskommt. Wie wichtig ist dir dieser ausgedehnte Raum für deine Interpretationen und die Architektur deiner musikalischen Soundlandschaften?

 

Eugen: Ich plane das anfangs nicht, aber ich schaffe es wohl einfach nicht, kürzere Songs zu schreiben. Ich bin auch kein Fan von typischen Songstrukturen ala Intro-Bridge-Refrain-Bridge-Solo-Refrain-Outro, die nach 3-4 Minuten vorbei sind. Versteh mich nicht falsch: ich höre viel Musik, die so aufgebaut ist, aber für gewöhnlich kann ich mir solche Lieder nicht sehr oft anhören. Dahingegen liebe ich ausschweifende Kompositionen, wie sie z.B. Moonsorrow oder auch Ayreon oft auf ihren Alben haben.

Aber wie bereits gesagt: ich plane das so nicht. Aus einer Idee, entstehen meist neue Ideen, neue Variationen, die dazu passen und so wächst und wächst so ein Song. Beispielsweise waren “Evernight 1+2” und “Last Farewell” lange Zeit Teil eines großen Songs, der über 40 Minuten lang war, weil sich einfach immer mehr Ideen angesammelt haben. Irgendwann 2014 zerlegte ich sie in 3 Songs, aber trotzdem sind noch über 15 Minuten Material vorhanden, die wohl erst auf dem nächsten Album zu hören sein werden. Zum Glück gab mir Matt damals auch den Tipp, diesen Song zu zerlegen - sonst hätte ich eventuell wirklich ein 30-40 Minuten Monument auf das Album gepackt, das sich wohl kaum ein Mensch zu Ende angehört hätte, haha.

 

Janko: Siehst du deine Bands als reines Hobby zum Entspannen und Loslassen, ist es harte Arbeit oder eine gesunde Mischung aus beidem? Hast du noch weitere Projekte?

 

Eugen: Es ist beides, ja. Ich brauche die Musik wie die Luft zum Atmen und wenn ich mal ein paar Tage nicht dazu komme, werde ich ziemlich ungemütlich. Es gibt kaum etwas, bei dem ich so gut abschalten und gedanklich aus dieser Welt verschwinden kann, wie bei der kreativen Arbeit an meiner Musik. Allerdings ist es auch oft harte Arbeit, da es natürlich nicht immer ein entspannter kreativer Flow ist, wie man sich es so vorstellt, sondern ich mich zwingen muss und auch energetisch an meine Reserven muss.

Die freie Zeit für die Musik ist aufgrund des Jobs manchmal recht knapp und wenn dann noch wenig Energie vorhanden ist, muss man den inneren Schweinehund schon stark prügeln, damit’s voran geht. Aber irgendetwas in mir treibt mich immer weiter an und lässt es nicht zu, dass ich nachlässig werde. Ich brauche das zum Leben. Nur wenn ich Musik mache, habe ich das Gefühl, dass ich “bin”. Ich habe noch ein weiteres musikalisches Projekt namens “Euphoreon”, zusammen mit dem Neuseeländer “Matt Summerville”. Er ist der kreative Kopf der Band und schreibt den Großteil der Songs, allerdings bin ich an allen Stellen kreativ beteiligt und kümmere mich auch wie bei Far Beyond um die Produktion. Das Angenehme an diesem Projekt ist, dass es auch voran geht, wenn ich mal nicht die Zeit und Energie habe und nicht der gesamte kreative Druck auf mir lastet wie bei Far Beyond. Ich kann also bei Euphoreon deutlich besser abschalten und entspannen - dafür ist im Gegenzug natürlich die persönliche Identifikation nicht so groß, da ich meist nur andere Ideen umsetze. Eine Zeitlang hatte ich noch andere Projekte, aus denen ich mich aber Ende 2015 zurückzog, da es einfach zu viel wurde. In meiner knapp verfügbaren Zeit wird es schon mit “Far Beyond” und “Euphoreon” manchmal eng - mehr ist leider nicht drin, auch wenn ich gerne würde.

 

Janko: Du hattest mir geschrieben, dass die einleitenden Sätze zum „A Frozen Flame Of Ice“ Review auf unserer Totentanz Seite gut zur Stimmung der Lyrics passen. Was bedeuten die Texte für dich ganz persönlich? Sind sie ein Medium deine Gefühle zu verarbeiten und nach außen, also sogar ein Stück weit von dir fortzuschieben…um zum Beispiel vergessen und verzeihen zu können?

 

Eugen: Die Texte von “Evernight Part 1+2”, “A Frozen Flame Of Ice” und “Last Farewell” sind sehr persönlich und beschreiben Träume und Wunschvorstellungen von mir. Menschen, die mich besser kennen, dürften sofort wissen, was ich damit ausdrücken möchte. “The Song Remains The Same” und “Unrelenting Force” dagegen sind lyrisch in sich abgeschlossene Songs, bei denen die Inspiration von “außen” kam und es keinen direkten Bezug zu meinem Gefühlsleben gibt. Auch wenn ich dieses Mal durch die Texte sehr viel von mir Preis gebe, ist für mich die Musik selbst trotzdem der wichtigste Teil, um meine Emotionen und Erfahrungen zu verarbeiten. Die Texte entstehen meist erst viel später.

Janko: Mir ist noch aufgefallen, dass du in meinen Ohren gerne noch mehr mit Tonstärke-Dynamiken hättest arbeiten können. Dann hatte ich gelesen, dass du in einem Interview gesagt hattest, dass auf deinem Debütalbum „An Angel’s Requiem“ die Gitarren teilweise zu stark von den synthetischen Tönen verdrängt werden, was nicht im Sinne der Lieder lag und du es gerne noch mal nach deinen eigenen Vorstellungen produzieren möchtest. Gegenseitiges „Ausstechen“ der Sounds sollte natürlich nicht der Fall sein, aber warum warst du auf „A Frozen Flame Of Ice“ hinsichtlich dem Spiel mit den Dynamiken so zurückhaltend? Und wird „An Angel’s Requiem“ noch mal neu aufgelegt werden?

 

Eugen: Mein Ziel war es dieses Mal tatsächlich, den Gitarren einen angemessenen Raum im Klangspektrum zu geben. Synthesizer und Orchester habe ich nur an ausgewählten Stellen den Vorrang gegeben, an denen es für mich kompositorisch auch gepasst hat - ansonsten haben sie eine begleitende Rolle. Klangtechnisch ist es tatsächlich das Gitarren-lastigste Album bisher, was ich aber auch genau so wollte. Vielleicht wäre das Spiel mit den Dynamiken der einzelnen Instrumente etwas variabler ausgefallen, wenn nicht alles aus meiner Feder gekommen wäre und ich mehr “Kompromisse” hätte eingehen müssen. Was mir dagegen sehr wichtig war ist der Aspekt der zeitlichen Dynamik bzgl. der Arrangements der Songs. Jeder Song erzählt eine Geschichte mir war wichtig, dass der Spannungsbogen auch durch den Aufbau der Songs abgebildet wird.

Den Gedanken “An Angel’s Requiem” neu aufzulegen trage ich schon lange mit mir herum, da ich auch selbst neugierig bin, wie das Album mit meinem aktuellen “Sound” klingen würde. Allerdings spielt auch hier der zeitliche Aspekt wieder eine Rolle: ein reiner Remix käme für mich nicht in Frage - ich würde das ganze Album neu aufnehmen und einsingen. Und wahrscheinlich auch noch ein paar kompositorische Anpassungen vornehmen. Das ist leider nicht innerhalb von ein paar Wochen erledigt. Aber sag niemals nie - vielleicht gehe ich das irgendwann mal an!

Janko: Du bist mittlerweile beim Label Aeterna Records angelandet. Was kannst du mir über dieses Label und eure Zusammenarbeit sagen? Ist die Unterstützung wie von dir erhofft oder könnte sie besser sein und was würde passieren, wenn du vor deinem nächsten Release bei einem großen Label wie zum Beispiel Nuclear Blast anklopfen würdest oder sie bei dir? Käme das überhaupt für dich in Frage?

 

Eugen: Aeterna Records ist noch ein recht junges und kleines Label,     das ich auch selbst mit aus der Taufe gehoben habe. Die Hoffnung ist, dass wir uns gegenseitiges etwas helfen können, um zum einen Far Beyond, aber auch das Label etwas bekannter zu machen. Deswegen kurz ein Werbeaufruf zwischendurch: falls ihr atmosphärischen und melodischen Dark Metal auf einem überdurchschnittlichen Niveau macht - meldet euch!

Da ich selbst Teil von diesem Label bin, war die Zusammenarbeit natürlich super, haha.

Natürlich wäre es grandios, wenn Nuclear Blast anklopfen würde. Ein Label von dieser Größe hat besonders marketing- und vertriebstechnisch eine gigantische Reichweite, die helfen würde, meine Musik einem viel größeren Publikum zugänglich zu machen. Deswegen mache ich da gar kein Geheimnis draus: es wäre schwer, einem so großen Label zu widerstehen.

Allerdings kommt es auch auf die Konditionen drauf an: die kreative Freiheit müsste weiterhin bei mir liegen und zeitliche Fesseln wären auch keine Option für mich. Ich will keine Fließbandarbeit wie so manch andere Band abliefern und alle 2 Jahre ein Album rausbringen müssen, das wie eine generisch-kopierte Aneinanderreihung von Ideen klingt, die man bereits zuvor auf älteren Alben gehört hat. Es gibt mittlerweile einige Bands, bei denen ich mir wünschen würde, dass sie sich etwas mehr Zeit für ihre Alben nehmen würden. Aber eventuell ist das der Preis, den man zahlen muss, dass man hochfrequent neue Alben veröffentlichen muss, um davon leben zu können.

 

Janko: Ich habe gelesen, dass du im zarten Alter von 16 Jahren, das Führerscheingeld von deinem Opa für eine E-Gitarre ausgegeben hast. Davon dürfte er aber nicht sonderlich begeistert gewesen sein und läufst du noch oder fährst du schon? ☺

 

Eugen: Haha, er musste damals tatsächlich sehr lachen, als er die Geschichte gehört hat und war ein großer Fan meines ersten Albums. Leider war es nicht mehr möglich, dass er mein neues Album hört, da er seit letztem Jahr nicht mehr unter uns weilt. Deswegen: danke Opa, dass du ein Teil meines Musiklebens bist!

Und ja, ich fahre :)

Janko: Was ist eigentlich aus deiner deutsch/neuseeländischen Kooperation EUPHOREON geworden? Wie habt ihr euch kennengelernt und was haben wir von EUPHOREON in der Zukunft zu erwarten? Ich habe gelesen, ihr seid gerade mit den Aufnahmen für ein neues Album zugange. 

 

Eugen: Matt Summerville von Euphoreon habe ich kurz nach dem Release meiner letzten EP Ende 2009 kennengelernt. Er war ein großer Fan dieser Scheibe und als wir uns damals schrieben, durfte ich auch in sein Projekt reinhören, von dem ich sehr begeistert war. Und da ich damals eine Auszeit von Far Beyond gebraucht habe, traf es sich gut, dass er noch Unterstützung brauchen konnte. So kam es dann, dass wir von 2009 bis 2011 am Debutalbum gearbeitet haben. Jetzt da mein Far Beyond Album fertig ist, habe ich auch wieder Zeit, mich mit Euphoreon zu beschäftigen. Da Matt der kreative Kopf des Projektes ist, sind natürlich schon einige vielversprechende Songs vorhanden und ich bin sehr gespannt, wie es am Ende klingen wird.

 

Eins habe ich allerdings gelernt: keine Zeitangaben mehr von meiner Seite aus. Das Leben spielt oft zu verrückt, als dass ich lange im Voraus planen könnte. Deswegen nur so viel: ja, wir arbeiten am neuen Album und falls die Welt nicht untergeht, wird es in den nächsten Jahren auch eine neue Euphoreon-Scheibe geben :)

 

Janko: Wie muss ich mir die Arbeiten quer über den Erdball vorstellen? Dateien hin und her schieben, e-mailen, skypen…wie geht das vor sich und in welchem Fahrwasser wird sich dieser neue Release bewegen? Wer wird ihn veröffentlichen (Label) etc.?

 

Eugen: Ohne Internet wäre es tatsächlich unmöglich für uns, dieses Projekt zu stemmen. Matt hat die groben Kompositionen bereits im Kasten und lässt sie mir über’s Internet zukommen. Damals lief noch alles per Mail ab, mittlerweile legen wir das große Zeug aber in DropBox oder GoogleDrive ab. Mails sind aber immer noch unser wichtigstes Kommunikationsmedium. Ich nehme seine Ideen auf, erarbeite möglichst realistische Drumparts, ändere Arrangements und erweitere seine Parts mit meinen eigenen Ideen und Vorstellungen. Ich habe hier jegliche kreative Freiheit. Und so fliegen die Ideen hin und her und wir stimmen gemeinsam drüber ab, ob wir eine Idee weiterverwenden, oder ob wir sie verwerfen. Es ergeben sich häufig regelrechte Ideenfeedbacks, so dass ein Song dann mal plötzlich nach ein paar Tagen ganz anders klingt, als zu anfangs. Das Tolle ist auch, dass wir so gut wie immer einer Meinung sind. Wir hatten noch nie eine strittige Auseinandersetzung, weil wir uns nicht einig werden konnte. Es funktioniert einfach.

 

Wie das neue Album am Ende klingen wird, ist schwierig zu sagen, da alles noch im Fluss ist. Soviel ist aber sicher: eine Kopie des ersten Albums wird es nicht sein!

Janko: Wird es jemals live Auftritte mit FAR BEYOND und Session Musikern geben oder ist das gänzlich ausgeschlossen?

 

Eugen: Der Wunsch danach wird immer stärker und stärker, doch. Eine richtige Band kann ich mir zwar nicht vorstellen, aber irgendwann ein paar Konzerte auf Festivals mit Sessionmusikern zu spielen, wäre schon eine tolle Sache. Deswegen möchte ich das auf keinen Fall ausschließen. Vielleicht habe ich mit meinem Projekt irgendwann die nötige Größe erreicht, um das realisieren zu können. Regelmäßige Tourneen kommen für mich allerdings nicht in Frage. Dafür bin ich nicht der Typ und ich wüsste auch nicht, wie ich das zeitlich in mein Leben integrieren sollte.

 

Janko: Vielen herzlichen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast, unsere Fragen zu beantworten. Wir wünschen Dir weiterhin gutes Gelingen und viel Erfolg auf deinen weiteren Wegen…!!!

 

Eugen: Danke dir für die spannenden Fragen, Janko!

 

Tolles Album, toller Musiker, toller Typ. Wer noch immer nicht mit Eugen Dodenhoefts Musik vertraut ist, sollte dies schnellstens nachholen. "A Frozen Flame Of Ice" ist die beste Gelegenheit dazu. Besser kann man Gefühle kaum nach Außen tragen! Nun bin ich schon mächtig gespannt auf das neue EUPHOREON Machwerk. Hoffentlich lässt sich die Neuseeland/Deutschland Connection nicht zu viel Zeit mit ihrem zweiten Output...

 

www.far-beyond.com

 

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