LUIS SELLANO - PORTUGIESISCHES ERBE

(Heyne)

 

Der erste Band der Lissabon-Krimi Reihe.

 

Wie bereits im Buchtitel, des im Juni 2016 erschienenen „Portugiesisches Erbe“ von Luis Sellano angedeutet wird, hat Protagonist Henrik Falkner geerbt. Die Story ist in Portugal der Gegenwart angesiedelt, genauer gesagt in Lissabon, der Stadt am Rio Tejo, dem mit 1008 km längsten Fluss in Spanien und Portugal, der bei Lissabon in den Atlantik mündet. Auf 363 Seiten baut Lusi Sellano seinen wendungsreichen Krimi Plot auf, während er immer wieder auf die entsprechenden Örtlichkeiten hinweist, von denen sich der geneigte Leser im Internet jederzeit ein Bild machen kann. Als ein portugiesischer Notar den, jüngst zum Witwer gewordenen Ex-Polizisten in seiner deutschen Heimat bezüglich der Erbangelegenheiten kontaktiert, fliegt Henrik kurzentschlossen nach Lissabon, obwohl er seinen Gönner und gleichzeitigen Onkel nie persönlich kennengelernt hat. Das Erbe, welches aus einem Wohnhaus mit mehreren Parteien und einen dazugehörigen Antiquitätengeschäft in einem der ärmeren Viertel Lissabons besteht, ist zu allem Überfluss auch noch an die Klausel gebunden, dass er nicht verkaufen darf, was weitere Probleme mit sich bringt. Als Henrik das Antiquariat und später auch die Wohnung seines verstorbenen Onkels Martin Falkner betritt, die sich ebenfalls im geerbten Wohnhaus befinden, eröffnet sich für Henrik eine Art Puzzlespiel. Neben der Buchhaltung des Antiquariats, gilt es den Wust an Unterlagen zu sichten, den sein Onkel ihm, dem Polizisten augenscheinlich in weiser Voraussicht hinterließ. Nachdem man Henrik ein Verkaufsangebot gemacht hat, das er nicht zuletzt aufgrund des Passus im Testament seine Onkels, aber auch wegen seinem eigenen Gewissen nicht annehmen kann, trachtet man ihm auch schon nach dem Leben.

 

Luis Sellano ist ein Pseudonym, hinter dem sich Oliver Kern verbirgt, der verschiedene Künstlernamen für seine Werke nutzt. In seinem eigenen Namen sind bereits die Krimi Thriller „Die Kälte in dir“, „Geist des Bösen“ oder das ultrageniale „Das Gewicht der Seele“ erschienen. Als Mark Neustädter hat er im März 2015 den Thriller „Die Spur der Tränen“ veröffentlicht. Oliver Kern, der 1968 in Esslingen am Neckar geboren wurde, ist nun also mit dem Pseudonym Luis Sellano an der Reihe, das wohl besser zum Titel seines neuen Werkes „Portugiesisches Erbe“ gepasst hatte. Cozy, lebensnah und spannend erzählen kann er ja der Herr Kern, äh Senhor Sellano - Henrik muss sogar essen, trinken und schlafen, was so manch anderer „Superheld“ gar nicht nötig hat - und Sinn für interessante und spannende Storyboards hat er auch. Der Plot bleibt in weiten Teilen zu oberflächlich und könnte durchaus markanter gestaltet sein.

 

Henrik Falkner, den man allerdings auch in Kommissar Zufall hätte umtaufen können, ist sehr neugierig und lässt nahezu nichts unversucht, um dem geheimnisvollen Tod seines Onkels und den Hintergründen, die dazu führten auf die Spur zu kommen. Er muss einfach die kryptischen Botschaften entzaubern, die ihm Martin hinterlassen hat, gräbt dabei tief in alten Wunden und deckt ein Netzwerk dunkler Machenschaften auf, die bereits Dekaden zurück liegen. Welche Rolle spielt sein Nachbar Renato und welche Martins Angestellte Catia oder die bezaubernde Adriana und welche Rolle hat Sellano Ärztin Dr. Mola und der Polizistin Helena zugedacht? Der Ermittler in Henrik ist geweckt, handelt allerdings nicht immer ganz realitätsnah. Die Idee von dem ehemaligen Polizisten, der seine Arbeit vermisst, ist in meinen Augen sehr klischeebehaftet, nicht immer ganz glaubhaft und von daher vielleicht etwas unglücklich gewählt. Wobei sich in Arbeit zu stürzen bei einer Trauerbewältigung durchaus ein probates Mittel zur Ablenkung darstellen kann. Auch die Sache mit dem Brand und Falkners anschließendem Fund halte ich für etwas missglückt dargestellt, denn hier wäre nach einem derartigen Ereignis von Ermittlerseite wohl jeder Millimeter haarklein untersucht worden und das jüngst zu Tage getretene längst entdeckt. Teilweise sind die Ideen schon wirklich arg banal und vom Zufall geleitet, aber es handelt sich bei „Portugiesisches Erbe“ schließlich auch um nicht mehr, allerdings auch nicht weniger als Trivialliteratur aus dem Belletristik Bereich. Sellano lässt Henrik nicht zur Ruhe kommen, hetzt seine Hauptfigur durch Lissabon und katapultiert ihn nach der Trauer über den Verlust seiner Frau in eine runderneuernde Selbstfindungsphase und in einen tiefen Sumpf aus Einfluss, Macht und Korruption. Wenn doch nur die vielen Zufälligkeiten und Ungereimtheiten nicht wären, die den Plot leider hin und wieder ausbremsen. Da hat das Lektorat anscheinend etwas gepennt. Die Story ist durchaus interessant und spannend, wenn sie mich auch nicht wirklich vom Hocker haut. Das kann er durchaus besser der Herr Kern, äh Senhor Sellano. Alles in allem ist „Portugiesisches Erbe“ ein gelungener Auftakt zu einer Serie, bei der ich aber definitiv noch Steigerungspotential sehe.

 

Meine Wertung: 77/100

 

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